LVMH wird Formel 1 Partner – TAG Heuer löst Rolex ab

Eigentlich sollte die Nachricht LVMH wird Formel 1 Partner eine mittlere Sensation sein. Insbesondere, da TAG Heuer damit Rolex nach seinem 10-jährigen Engagement ablöst. Eigentlich. Allerdings kommt die Nachricht über den Rolex Ausstieg nicht mehr ganz überraschend. Das pfiffen bereits die Spatzen von den Dächern Genfs und war eines der Gesprächsthemen der Geneva Watch Days. Fraglich war nur, woher TAG Heuer mit seinem geschätzten Jahresumsatz von rund 650 Millionen Schweizer Franken das Geld nehmen wollte.

Neu ist allerdings der Umstand, dass es sich um eine breit angelegte Partnerschaft handelt und LVMH Partner der Formel 1 wird. Schließlich geht es nicht mehr um die von Rolex bezahlte Summe von 50 bis 60 Millionen US Dollar pro Jahr. Im Raum steht nun ein jährlicher Betrag, der je nach Quelle zwischen 100 und 150 Millionen Dollar liegt. Was für eine Marke wie TAG Heuer, die zwar keinen vergleichbaren, mehrfach zweistelligen Abschwung wie Hublot verzeichnet, aber nach informierten Quellen im aktuellen Jahr ebenfalls mit einem deutlich zweistelligen Minus zu rechnen hat, kaum zu stemmen gewesen wäre.

LVMH wird Formel 1 Partner

Womit wir beim wirklich spannenden Teil der Pressemeldung vom 2. Oktober 2024 sind. Denn anders als erwartet, wird nicht nur TAG Heuer, die Marke, die mit ihrem einstigen Formel 1 Einstieg unter Jack W. Heuer als Official Timekeeper einen enormen Aufschwung erfuhr, Formel 1 Sponsor. Vielmehr wird gleich ganz LVMH Partner der Formel 1 und damit der ganze Louis Vuitton Moet Hennesy Konzern, der künftig als Sponsorpartner der Formel 1 agiert. Großes Augenmerk scheint man dabei den drei Marken TAG Heuer, Moet Hennessy und Louis Vuitton zu schenken, denn diese drei Marken wurden namentlich genannt.

Als Laufzeit wird in der offiziellen Pressemeldung von Liberty Media, LVMH und der FIA ein Zeitraum von 10 Jahren genannt. Womit der Sponsorvertrag von LVMH mit der Formel 1 das gewaltige Volumen von 1 bis 1,5 Milliarde Dollar hat und damit weit über die finanziellen Möglichkeiten von TAG Heuer hinausgeht.

Die bemerkenswerte Höhe der Summe erklärt wohl auch die sonderbare Reihenfolge in der Pressemeldung. Denn zuerst spricht der Rechteinhaber und Vermarkter, dann der Sponsor und erst am Ende findet die Motorsportvereinigung FIA selbst Erwähnung. Was aber wenig Aufsehen erregt, denn „Wer zahlt, schafft an“, so sagt das Sprichwort.

LVMH ersetzt TAG Heuer in der Formel 1

Der Zeitpunkt für den Einstieg von LVMH in die Formel 1 erscheint günstig. So läuft der 2014 abgeschlossene 10-Jahresvertrag von Rolex aus. Außerdem konnte die Rennserie Formel 1, die im Jahr 2025 75-jähriges Bestehen feiert, in den letzten Jahren, nicht zuletzt durch die erfolgreiche Netflix-Dokumentation “Drive to Survive”, enorm an Popularität zulegen. Gerade die Expansion in neue Märkte und die gestiegene Anzahl an Rennen trägt deutlich zur Steigerung der medialen Reichweite bei, bzw. ist das Umfeld der Formel 1 für viele Luxusmarken eine ideale Plattform, in deren Umfeld sich hervorragend Business betreiben lässt.

Ob der reine Motorsport hierbei noch die entscheidende Rolle spielt, lassen wir einmal dahingestellt. Aber es scheint auch keinen Menschen zu stören, dass ein begabter Fussballspieler wie Kylian Mpappe ein Investment von 300 Millionen Euro nebst weiteren 50 Millionen Euro jährlicher Nebenkosten wert sein soll. Es geht, egal ob im Fussball oder der Formel 1, um medial perfekt inszeniertes Entertainment und da sind die Einsätze hoch.

TAG Heuer Formel 1 Engagement

Neben den vielfältigen Möglichkeiten, die sich für die LVMH Marken im Umfeld der Formel 1 bieten, kann die Formel 1 für TAG Heuer auch ein Weg aus der Krise sein. Nicht umsonst durfte auch Frederic Arnault als Chef der Marken Zenith, TAG Heuer und Hublot, mit auf das Foto der den Deal verantwortenden Entscheidern.
War das Engagement von TAG Heuer bisher auf das F1 Team Oracle Red Bull Racing beschränkt, ergibt sich aller Voraussicht nach mit dem großen Einstieg von LVMH die Möglichkeit, sich als Official Timekeeper den weltweiten Zuschauern zu präsentieren. 

Dies ist insofern auch ein guter Schachzug, als TAG Heuer auf eine lange Historie im Motorsport, insbesondere in der Formel 1 zurückblicken kann und mit den Modellen Heuer Monaco, Heuer Carrera, Heuer Autavia oder Heuer Monza über eine Reihe von Modellen verfügt, die eine authentische Motorsporthistorie aufweisen.

Damit erübrigt auch wohl die bisherige Partnerschaft von TAG Heuer mit Porsche, was aber sicher reine Spekulation ist.

All diese Maßnahmen sind insofern klug und richtig, als TAG Heuer, nun unter der neuen Leitung von Antoine Pin, (wir hatten darüber berichtet) eine stringente Produktstrategie fahren kann und die mitunter überbordende Anzahl von Neulancierungen und Sondereditionen sich sicher reduzieren wird.
Gleichzeitig dürften die Formel 1 Rechte ein größeres und umsatzträchtigeres Feld für TAG Heuer Formel 1 Modelle eröffnen, als dies die jetzige Partnerschaft mit Red Bull Racing und ihrem Star-Fahrer Verstappen ermöglicht. Sie fragen sich nun sicherlich auch, ob damit nicht auch die ganze Partnerschaft mit Red Bull Racing obsolet wird. Wir wissen es nicht, aber ein Ende käme wohl nicht ganz überraschend.

LVMH Brands in der Formel 1

Ebenso spannend wird es sein, die ab dem Jahr 2025 erwarteten unterschiedlichen Produktpräsentationen der LVMH Marken im Formel 1 Umfeld zu sehen. Die Möglichkeiten sind so groß, wie die Liste der 75 Marken im LVMH Reich lang ist. Bei einem Umsatz von gut 86 Milliarden Euro dürfte das Formel 1 Engagement von 100 bis 150 Millionen US Dollar LVMH auch nicht gleich in den Ruin treiben.

Dazu kommt, dass LVMH angekündigt hat, sein Know-how in den Bereichen Gastfreundschaft und Luxuserlebnisse einzubringen, was nichts anderes heißt, als dass viele Marken, die bisher bei der Formel 1 präsent waren, künftig durch LVMH Brands ausgetauscht werden. Gerade im Umfeld der Moet-Hennessy Getränkemarken sollte hier eine reichliche Auswahl bestehen. Zudem will man bei LVMH mit maßgeschneiderten Aktivitäten und limitierten Editionen eine Intensivierung des Formel 1 Merchandising angehen und so die faszinierenden Welten des Luxus mit der Faszination des Motorsports verbinden.

Rolex Ausstieg

Die Phalanx an Luxusmarken und das breitgefächerte Umsatzpotential kann Rolex natürlich nicht bieten. Und doch stellt sich die Frage, warum Rolex freiwillig aus der Formel 1 ausgeschieden ist. Gut, es gibt in den Bereichen Kultur, Kunst, Nachhaltigkeit und Tennis oder Golfsport eine ausnehmend hohe Anzahl an Premium Events und Stars von Rang und Namen, die bereits von Rolex gesponsort wird. Ebenso dürfte nach 10 Jahren Formel 1 ein gehöriges Maß an die Wirkung minimierender Gewöhnung an Rolex als Formel 1 Partner eingetreten sein. 

Gleichwohl hat es viele überrascht, dass Rolex offenbar recht kampflos das Feld räumte. Denn an der finanziellen Summe kann der Ausstieg sicher nicht gelegen haben. Bei einem geschätzten Rolex Umsatz von 12 Milliarden CHF und einer Umsatzrendite von kolportierten 30% hätte Rolex auch den neu aufgerufenen Betrag ohne großes Aufheben ausgeben können. Es muss also andere Gründe gegeben haben, auf die Rolex wie immer mit wenigen Worten eingeht. Also ganz, ganz wenigen. Nämlich keinem einzigen.

Zukunft von LVMH mit der Formel 1

Natürlich ist es schwierig, noch vor dem Start der Formel 1 Saison 2025 vorherzusagen, welche Auswirkungen der Umstand haben wird, dass statt Rolex LVMH Partner der Formel 1 wird. Trotzdem lassen sich auch aus heutiger Sicht einige interessante Punkte herausarbeiten.

1. Die Medialisierung und Kommerzialisierung der Formel 1 wird über den Einstieg des mit Abstand weltweit größten Luxuskonzerns ein neues Ausmaß und sicherlich auch neue kommerzielle Umsatzrekorde erzielen lassen.

2. Durch die LVMH Präsenz mit verschiedenen Marken wird der Wettstreit der Luxus-Marken im Umfeld der Formel 1 härter und insbesondere kleiner Marken werden sich aus dem Formel 1 Umfeld verabschieden müssen.

3. Für TAG Heuer ist das Formel 1 Engagement eine große Chance. Allerdings setzt dies eine kluge Modellpolitik voraus. Ebenso werden sich die verschiedenen Formel 1 Teams wie Fahrer nicht nehmen lassen, ihrer individuellen Partnerschaften mit Luxus-Uhrenmarken weiter fortzuführen. Immerhin gab und gibt es mit Tudor bei RB Visa Cash App, Richard Mille mit Ferrari und McLaren, IWC mit Mercedes AMG Petronas, Girard-Perregaux mit Aston Martin, Moser mit Alpine und Williams mit Bremont bereits eine Vielzahl von Uhrenmarken, die das Umfeld der Formel 1 für sich nutzten oder genutzt haben.

4. LVMH betreibt mit dem Engagement bei der Formel 1 eine bemerkenswerte Kommerzialisierung der LVMH Marken. Diese ermöglicht einerseits eine noch stärkere Vermarktung mit entsprechend höheren Erlösen der involvierten Marken. Andererseits ist es bereits jetzt der Fall, dass sich insbesondere bei den explizit genannten Marken Moet Hennessy wie Louis Vuitton die Frage stellen lassen müssen, ob der von Ihnen propagierte Luxus noch hochqualitativ und elitär ist oder bereits ein Luxus der Massen.

Insofern wird es ausnehmend spannend zu sehen sein, in welcher Form und in welchem Ausmaß in der Formel 1 ab dem Jahr 2025 die Rennboliden unter LVMH Partronat ihre Runden drehen und bei LVMH der Rubel rollt.